Von Emmerich nach Basel
Deutschland: Rad fahren am Rhein
Eine Reise am Rhein entlang gehört zu den ältesten touristischen Ausflügen in Deutschland. Die Hügel des Siebengebirges und die Burgruinen auf den Felsen an dem schnell strömenden Fluss begeistern seit Jahrhunderten die Besucher. Der Rhein und die umliegende Landschaft lohnen auch heutzutage die Mühe. Man kann das Flusstal ausgezeichnet per Rad erkunden, denn am Rheinufer gibt es überall ausgezeichnete, ausgeschilderte Radwege.
Von Emmerich nach Kalkar
Wir fahren von Utrecht in den Niederlanden aus über Nimwegen und Millingen nach Emmerich, eine 100 km lange Strecke, zum großen Teil über Flussdeiche. Hinter Nimwegen führt die Route durch den Ooijpolder und den Millingerwaard zur deutschen Grenze, die wir auf einem Radweg über den Sommerdeich überqueren. Hinter Emmerich fahren wir weiter in Richtung Kalkar, wo wir an dem Schnellen Brüter-Kernkraftwerk vorbeifahren, der niemals in Betrieb genommen wurde. Diesem Reaktor hat man inzwischen eine zweite Jugend als Vergnügungspark verpasst, das Kernwasserwunderland.
Von Kalkar nach Düsseldorf
Die Landschaft ist anfangs noch völlig flach, und die Deiche und das Deichvorland geben dem Gebiet ein niederländisches Flair. Die alte römische Garnisonstadt Xanten ist einen kurzen Besuch wert, wegen des gemütlichen Marktplatzes und des stimmungsvollen Klosterhofes der Domkirche, die erste von vielen - oft nach dem Zweiten Weltkrieg restaurierten - Domkirchen, auf die wir im Verlauf dieser Tour stoßen werden. Wenn wir uns Duisburg und Krefeld nähern, den ersten großen deutschen Städten am Rhein, wird die Bebauung immer dichter, und schon bald passieren wir große Hochofenanlagen (Thyssen, Krupp) am rege befahrenen Rhein, über den ein großer Teil des Transports von Rohstoffen und Produkten abgewickelt wird. Die Radroute führt jetzt zwar durch dicht besiedeltes Gebiet, aber dennoch fehlt es hier auch nicht an grünen Bereichen. Hier gibt es auch noch zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe, wie man an den Korn- und Maisfeldern sehen kann.
Von Düsseldorf nach Köln
Wir kommen in Düsseldorf an, der Hauptstadt von Nordrhein-Westfalen. Auf dem Rheinboulevard herrscht ein reges Treiben auf den vielen Terrassen mit Aussicht auf die Rheinbrücken und den Fernsehturm, an dem wir etwas später vorbeifahren werden auf dem Weg zum Medienhafen, dem alten Hafengebiet, das vollständig renoviert wurde und wo man schöne Beispiele der modernen Architektur bewundern kann. Jetzt sind hier die angesagtesten Restaurants und Cafés untergebracht.
An diesem Sonntag sind am Rhein besonders viele Radfahrergruppen unterwegs, die sich hier häufig nur im Schritttempo fortbewegen. Beim überholen gibt es dann manchmal richtige Schreckreaktionen und empörte Gesichter. Dann klingeln wir erst einmal laut und überholen in möglichst großem Abstand, was auf den schmalen Radwegen nicht immer einfach ist. Ganz nah am Rhein radelnd erreichen wir die Stadt Köln, deren Dom schon von Weitem sichtbar ist.
Von Köln nach Koblenz
In Köln fahren wir über einen Promenadenweg am Fluss. Diesen verlassen wir kurz, um den Domplatz zu besuchen. Hier herrscht ein reges Treiben, mit Kölnern, Touristen und Straßenkünstlern. Das riesige Kirchenschiff stammt zwar aus dem Mittelalter – der Bau wurde 1248 begonnen – aber erst im 19. Jahrhundert wurden die charakteristischen Türme nach dem alten Bauplan errichtet. Wir fahren an zahllosen Cafés, Biergärten und anderen Gaststätten vorbei und nutzen die Gelegenheit, einen herrlichen Reibekuchen mit Apfelmus zu genießen. Das gibt uns wieder genug Kraft, um den letzten Teil der Etappe zum Campingplatz in Mehlem zurükzulegen.
In der ehemaligen Hauptstadt Bonn bewundern wir noch das wunderschöne Rathaus aus dem Jahre 1737. An der rosa Barockfassade lässt sich schon erkennen, dass wir jetzt in eine andere Kultur kommen, und auch die Landschaft verändert sich sehr: Der schnell strömende Rhein ist jetzt von den Hängen und Gipfeln des Siebengebirges umgeben, die über 400 m hoch sind. Auf dem berühmten Aussichtsberg Drachenfels, der einst als Steingrube für den Kölner Dom diente, sehen wir die ersten Weinberge, die nördlichsten am Rheinufer.
Die romantische Stimmung wird abgerundet durch das Schloss Drachenburg, ein romantisches neo-gotisches Schloss aus dem 19.Jahrhundert auf halbem Wege zur Spitze des Drachenfelsens, und die Schlossruine Drachenfels, ein mittelalterliches Schloss, das seit Menschengedenken ein beliebtes Ausflugsziel ist. Nach einer 120 km langen Tagesetappe machen wir Rast auf einem Campingplatz in Mehlem, mit Aussicht auf den Drachenfelsen und Königswinter auf der anderen Flussseite.
Der Radweg führt direkt am linken Rheinufer weiter, und wir fahren durch malerische Dörfer wie Remagen und Bad Breisig. Das Rheintal ist hier breiter, das Gebiet ist wegen seiner Fruchtbarkeit und dem günstigen Klima bekannt als die Goldene Meile.
Der Radweg ist ab und zu etwas holprig, aber ohne viel Mühe erreichen wir mittags die sehenswerte Stadt Koblenz. Die Stelle, an der die Mosel in den Rhein fließt, ist das Deutsche Eck. Hier stand bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs eine bronzene Statue des Kaisers Wilhelm I. Nach dringenden Protesten wurde das riesige kaiserliche Monument auf Privatinitiative im Jahre 1993 wieder aufgestellt Der Blick auf den Rhein ist an dieser historischen Stelle auf jeden Fall traumhaft.
Von Koblenz nach Worms
Hinter Koblenz windet sich der Rhein einige Male, um sich seinen Weg durch das Gebirge zu bahnen. Flussaufwärts fahrende Schiffe kommen in den vielen Stromschnellen nur langsam voran. Die Landschaft wird von den Weinbergen auf den steilen Hängen am Rheinufer geprägt, unterbrochen von malerischen Dörfern mit Fachwerkhäusern. In dem schmalen Tal bei St. Goar, in der Nähe des Loreley-Felsens, schlagen wir unser Lager auf. Wegen der Bahnlinien an beiden Ufern ist es hier etwas laut, das Geräusch der Güterzüge hallt auch mitten in der Nacht zwischen den steilen Ufern wider.
Bei der berühmten Loreley, einem bis auf 193 m Höhe emporragenden Felsen, macht der Rhein eine scharfe Kurve. Hier ist der Fluss nur 113 m breit. Untiefen und Stromschnellen sind hier vielen Schiffen zum Verhängnis geworden. Seit in den 30er Jahren die gefährlichsten Felsen gesprengt wurden, ist diese Fahrrinne inzwischen sicher. Aber immer noch wird die Schifffahrt hier wegen der engen Durchfahrt mit Lichtsignalen geregelt.
Auch nach der Loreley bleibt das Rheintal ziemlich schmal. In dem Flussbett liegen langgezogene, mit Weiden bewachsene Inseln. Steile Hänge, oft Weinberge, ragen bis zu 300 m über dem Fluss auf, und wir fahren an einer Burg nach der anderen vorbei. Orte wie Oberwesel und insbesondere Bacharach entsprechen völlig dem klassischen Bild des romantischen Rheins: Gemütliche Plätze mit Fachwerkhäusern, Kirchen und Kapellen und zahlreiche Cafés, Restaurants und Biergärten, wo Sie mittags für wenig Geld eine nahrhafte Mahlzeit bekommen können.
Kurz vor Bingen, wo die Hügel auf einmal aufhören, fahren wir am Binger Loch entlang, einem Durchbruch in dem Flussfelsen, der im 13. Jahrhundert gesprengt wurde, sodass die Schiffe hier durchfahren konnten und der Transport zwischen Rüdesheim und Lorch nicht mehr über Land erfolgen musste.
Bis Mainz fahren wir durch eine fast ebene Landschaft mit Obstgärten und Getreidefeldern. Der Fluss ist hinter dem breiten, bewaldeten Deichvorland nur selten sichtbar.In Mainz mit seiner schön sanierten Altstadt erreichen wir wieder einen wichtigen Zusammenfluss, diesmal mit dem Main, der von Osten in den Rhein fließt. Hier liegt auch der Campingplatz von Mainz, am Rheinufer gegenüber der Stadt, von wo aus Sie eine schöne Aussicht auf den Schiffsverkehr und die Stadt haben.
Wir fahren über schmale Wege weiter durch die Weinberge, wo die Weinstöcke voll sind mit fast reifen Trauben. Wir sind jetzt in Rheinhessen, dem größten Weinbaugebiet Deutschlands, mit bekannten Weindörfern wie Nierstein und Oppenheim. Hier liegt der älteste dokumentierte Weinberg Deutschlands, hauptsächlich mit Riesling (weiß) und Spätburgunder (rot) Trauben.
Kurz vor Worms besichtigen wir in Osthofen noch das ehemalige Konzentrationslager Osthofen, wo zwischen 1933 und 1934 Gegner der Nazis interniert wurden. Dies war das erste Konzentrationslager in Hessen, untergebracht in einer leer stehenden Papierfabrik. Etwas später erreichen wir die historische Stadt Worms, bekannt wegen des Wormser Konkordats (1122), mit dem der Investiturstreit zwischen Papst und Kaiser beendet wurde. Worms ist auch die Stadt, in der Luther im Jahre 1521 als Ketzer mit dem Bann belegt wurde. Leider ist der berühmte römische Dom heute wegen Feierlichkeiten geschlossen, zum ärger vieler Besucher, die schimpfend beim Portal stehen bleiben. Dann essen wir eben ein Eis bei Vannini auf dem Platz gegenüber dem Dom, mit einer unglaublichen Auswahl an herrlichem italienischem Eis. überhaupt nicht teuer und entschieden die Mühe wert.
Von Worms nach Offenburg
Die Stadt Ludwigshafen ist nicht der schönste Ort, um mit dem Fahrrad vorbei zu fahren. Die riesige Industrieanlage von BASF dominiert das Rheinufer völlig. Eine reizvollere Alternative ist vielleicht, bei Worms den Rhein zu überqueren und dann am rechten Ufer nach Mannheim zu radeln, einer Stadt mit einem ungewöhnlichen, rechteckigen Straßenschema aus der Zeit um 1700. Wir setzen die Reise entlang dem ausgedehnten Deichvorland in Richtung Speyer fort. Auf der Karte sind hier zwar zahlreiche Campingplätze angegeben, aber es stellt sich heraus, dass diese ohne Ausnahme nur für Wohnwagen mit festem Stellplatz bestimmt sind. Trotzdem können wir auf einem dieser Plätze eine Nacht zelten. Am nächsten Morgen erreichen wir die schöne Innenstadt von Speyer, wo eine der größten romanischen Domkirchen Deutschlands steht. Die Häuser sind mit bunten Geranien geschmückt, und zahlreiche Topfpalmen geben der Innenstadt ein mediterranes Flair. Der Rhein wurde hinter Speyer größtenteils begradigt, und der Radweg führt hier beinahe kerzengerade über den Deich. Die Festungsstadt Germersheim mit ihren schweren Verteidigungsanlagen bringt etwas Abwechslung.
Von Offenburg nach Basel
Wir fahren durch den wärmsten Teil Deutschlands, das Weingebiet des Kaiserstuhls, wo die Hügel bis zum Rhein reichen. In der Ferne sehen wir die Ausläufer des Schwarzwaldes und der Vogesen. Der Tabakanbau ist hier noch wichtig; die großen Blätter werden zum Trocknen in Scheunen aufgehängt.
Es ist verlockend, hier etwas weiter am Rhein entlang zu fahren und an der französischen Seite durch den Elsass zu radeln, wo zwischen den Weinbergen malerische Dörfer wie Riquewihr und Barr liegen. Zwischen Obernai und Colmar führt eine schöne Radroute über die Hügel, die wegen der zwar kurzen, aber manchmal kräftigen Steigungen einen etwas sportlicheren Charakter hat als die Route, die neben dem Rhein verläuft.
Der letzte Teil des Rheins vor Basel hat einen ganz eigenen Charakter. Der gesamte Schiffverkehr findet auf einem Kanal statt, der auf der französischen Seite gegraben wurde. Hier zeigt der Fluss noch sein ursprüngliches Gesicht. Flache Stellen und Stromschnellen wechseln einander ab, und am Ufer hat die Natur das Sagen. Kurz vor der Schweizer Grenze wird der Wasserzufluss mit riesigen Stauwerken (Talsperren) geregelt. Wir erreichen die Innenstadt von Basel, wo eine Promenade eine schöne Aussicht auf den Fluss und die stattlichen Herrenhäuser bietet.
Zurückgelegte Etappen
Strecke | Abstand* |
---|---|
1. Utrecht — Emmerich (Dld.) | 119 km |
2. Emmerich — Langstkierst (Düsseldorf) | 112 km |
3. Langstkierst — Mehlem (Drachenfels) | 114 km |
4. Mehlem — Sankt Goar | 101 km |
5. Sankt Goar — Mainz | 62 km |
6. Mainz — Otterstadt (Speyer) | 100 km |
7. Otterstadt — Stollhofen (Bëhl) | 113 km |
8. Stollhofen — Offenburg | 60 km |
9. Offenburg — Neuf Brisach (Fr.) | 96 km |
10. Neuf Brisach — Frick (Zw.) | 118 km |
Insgesamt | 995 km |